Regelmäßige Blogleser dürften ja schon Bescheid wissen, dass ich Pirat bin ;-). Ebenso dürfte ihnen aber auch aufgefallen sein, dass ich in letzter Zeit weniger über Parteiangelegenheiten geschrieben habe.
Dies liegt vor allem daran, dass ich mich in letzter Zeit oft frage, ob ich denn noch in der richtigen Partei bin, ob die Piraten überhaupt noch die Ziele verfolgen, wegen denen ich 2009 ursprünglich in diese Partei eingetreten bin.
Lassen wir es doch einmal Revue passieren – warum bin ich eingetreten?
Nun, es begab sich am 18.06.2009, dass ich um 22:43 Uhr via Webformular der Piratenpartei beitrag (siehe Blogpost „Beitritt zur Piratenpartei„). Dies war ein lange überlegter Schritt, zu dem ich mich schließlich entschlossen hatte, weil ich der Überzeugung war, es könne mit der aktuellen Politik nicht so weitergehen. Hauptauslöser war zur damaligen Zeit das „Zensursula-Gesetz“ mit dem die damalige Familienministerin Ursula von der Layen das Internet zensieren wollte.
Jedoch haben die Piraten sich seit dieser Zeit gewandelt. Wohl vor allem durch den enormen Mitgliederzuwachs ausgelöst (hierdurch wurden die Ziele stark verwässert) gibt es einige Punkte, welche ich kritisieren muss:
- Langsame oder keine Reaktion bei aktuellen Ereignissen welche die Gründungsziele die Partei betreffen (jüngstes Beispiel: Verschärfung Telekommunikationsgesetz (Herausgabe von PIN-Daten, Passwörtern etc.))
- Verwässerung des Wahlprogramms (Klar ist Wirtschaft und Sozialpolitik wichtig aber wir sollten uns auf die Kerngebiete konzentrieren, von denen wir eine Ahnung haben und sowas unrealistisches wie BGE anderen überlassen)
- Die Partei ist mehr mit sich selbst beschäftigt als mit Themenarbeit (Stichwörter: Pöstchenstreit, Shitstorm etc.)
- Partei verschiebt sich von Bürgerrechtspartei immer mehr zu einer zweiten Linken und viele Gruppen in der Partei bezeichnen sich gerne auch als linke Partei. Leute, über so etwas stehen wir drüber. Früher konnten wir mal von uns sagen, dass wir weder links noch rechts sind sondern wirklich eine Partei der Mitte sind. Übrigens lasse ich die Ausreden auch nicht gelten „Rechte muss man bekämpfen aber linke sind harmlos“ – es gibt auf beiden Seiten Radikale und jede Form von Radikalismus muss bekämpft werden!)
- Gründung von intransparenten Gruppen wie z. B. dem Frankfurter Kollegium mit eigenen Aufnahmerieten etc. und dadurch evtl. Ausschluss von Mitgliedern von Themen, an denen sie mitarbeiten wollen.
- Stromungen in der Partei, die dem Gründungsgedanken komplett entgegenlaufen (datenschutzkritische Spackaria/Post-Privacy)
Es fällt mir nicht leicht das zu sagen aber aufgrund dieser Punkte überlege ich öfter, ob ich noch in der richtigen Partei bin (zumindest auf Bundesebene; auf Ebene des Landesverbands Bayern und des Bezirksverbands Unterfranken bin ich eigentlich ganz zufrieden, da ich hier diese extrem störenden Tendenzen nicht so stark wahrnehme).
Andererseits – selbst wenn ich merke dass ich falsch bin gibt es leider vor allem in den Punkten Datenschutz und Internet immer noch keine wählbare Partei in Deutschland.
Mittlerweile bin ich sogar schon soweit zu überlegen, ob ich mir nochmal den Stress antue, in einem Wahlkampf aktiv zu sein.
Ach Flori,
lass mal dieses „Die Linken sind auch böse“ (das können NPD und Co. viel besser), schreib Spackeria ohne Rechtschreibfehler. Dann noch auf die ersten 3 Punkte konzentrieren: Schon steht wohl 99,999% der Piraten hinter Dir 🙂
@SuVuK:
1. Ich sagte nicht, die Linken sind auch böse sondern dass jede Form von Extremismus/Radikalismus scheiße ist.
2. Dieser „Schreibfehler“ war Absicht.
3. Das dann so viele Piraten hinter mir stehen würden, glaub ich nicht. Da sind einfach zu viele, denen es nur darum geht in der Partei oder im Bundes-/Land-/sonstwas-Tag einen Posten zu bekommen oder die Themen die sie interessieren im Kernprogramm zu sehen ohne dass die Grundthemen sie interessieren.
Und was ich in meiner Grundaufzählung noch ganz vergessen hatte, war dieses Kirchenbashing, welches endlich mal aufhören soll. Wer Atheismus als Religion ausüben will, soll das gerne tun aber er soll es nicht anderen um jeden Preis aufzwingen wollen.
Keine Partei kann dauerhaft in der Mitte bleiben. Langfristig muss sich jede Partei profilieren… aber zu den innerparteilichen Querelen gebe ich dir Recht.